Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Virtuelle Welt braucht Erdung

WÜRZBURG. Kopfhörer in den Ohren, leerer Gesichtsausdruck, die Außenwelt wird kaum wahrgenommen, und dann der ständige Blick zum Handy – das typische Bild eines modernen Jugendlichen unserer Zeit? Woran liegt das, dass sich junge Menschen lieber in die virtuelle Welt zurückziehen als sich mit der realen zu beschäftigen? Genau im Bilde über die momentanen Entwicklungen auf diesem Gebiet ist Lambert Zumbrägel, Computermedienpädagoge und pädagogischer Leiter des Café Dom@in im Würzburger Kilianeum.
„Zwischen der virtuellen und der „echten“ Welt besteht für die Jugend von heute kein Unterschied mehr“, betont Zumbrägel gleich zu Beginn des Gesprächs. Auf dem Irrglauben, dies sei doch der Fall, seien viele Missverständnisse zwischen Erwachsenen und Jugendlichen begründet. Digitale Medien, seien besonders in der Pubertät ein nicht mehr wegzudenkender Teil des Lebens geworden. Heranwachsende könnten im Internet ihren Horizont erweitern und durch das „Anprobieren“ verschiedener Persönlichkeitsmerkmale im eigenen Steckbrief in sozialen Netzwerken austesten, wie diese ankommen. Das helfe bei der Entwicklung einer unabhängigen Persönlichkeit. Darüberhinaus finde man zum Beispiel bei Computerspielen, in denen man als Gruppe agiert, Selbstvertrauen.

Wie im Paradies

Natürlich sei für manche Jugendliche besonders das Computerspielen auch eine Möglichkeit, aus der Realität zu flüchten, sagt der Medienpädagoge. In die gefürchtete Sucht verfielen jedoch nur zwei bis vier Prozent der sogenannten „Zocker“. „Die Computerwelt ist eine konfliktfreie Zone, weil man sich seine Umwelt dort selbst gestalten kann. Es herrscht völlige Harmonie, wie im Paradies. Wer will dort nicht hin?“ Konflikte zu lösen lerne man dort natürlich nicht, gibt Zumbrägel zu. Dafür müsse man die virtuelle Welt „erden“, mit Erfahrungen aus dem echten Leben koppeln. Jugendliche müssten begreifen, dass der Computer nicht nur ein Konsum- sondern auch ein Verarbeitungsmedium ist. Dieses Ziel verfolgt unter anderen das Café Dom@in mit den Kursen, die dort für Schulklassen angeboten werden. Durch praktische Arbeit mit verschiedenen Medien soll den Teilnehmern bewusst werden, wie viele Aspekte man beachten muss. So werden sie für kritische Fragen zu Urheberrecht oder Privatsphäre sensibilisiert, erlangen Medienkompetenz.

Keine Sorgen machen

Die richtige Beziehung zu Medien ist wichtig. Doch gibt es überhaupt noch Beziehung ohne Medien? Oder bleiben bei der derzeitigen Entwicklung reale, soziale Kontakte auf der Strecke? „Nein“, meint Zumbrägel, „normale Freundschaften werden eher gestärkt, da es durch Kommunikation via Internet leichter fällt, Kontakte, besonders über weite Entfernungen, zu pflegen.“ Wer jedoch nicht bei Facebook sei, fühle sich schnell ausgegrenzt. Das höre er von allen Altersgruppen. Kommunikation im Netz sei auch eine andere als die im normalen Gespräch. Unterhaltung sei oberflächlicher, weil sie oft in Gruppen stattfände. Über ernste Dinge tauschen sich Jugendliche aber natürlich trotzdem noch aus. „Dann rufe ich meinen Freund an, wir treffen uns persönlich“, erklärt ein 15-jähriger Besucher des Café Dom@in. Wenn ihm die Freunde aber auf die Nerven gingen, höre er einfach Musik, sagt ein anderer. Damit will er sich bewusst von seiner Umwelt isolieren und entspannen. Dies sei keine Seltenheit, erläutert der Leiter des Cafés. Musik sei mit vier bis fünf Stunden pro Tag das am meisten genutzte Medium unter Jugendlichen. Viele könnten nur so abschalten. „Für sie ist Langeweile, also das Ausbleiben äußerer Impulse, etwas durchweg Negatives. Deshalb suchen sie unbewusst auch in Ruhesituationen den ständigen Konsum.“ Die Antwort eines jungen Mannes darauf, ob er auch manchmal einfach nichts tue, bestätigt das: „Natürlich. Dann schaue ich Fernsehen.“ Zumbrägel erklärt abschließend, dass man sich insgesamt keine Sorgen machen brauche, weil nur fünf Prozent der Mediennutzung negativ verlaufe. Diese Gefahrenzone könne man jedoch zum Beispiel durch den Besuch von Kursen des Cafés verkleinern. In den restlichen 95 Prozent lägen große Chancen zur Weiterentwicklung: „Warum nicht durch ein Computerspiel versuchen, religiöse Inhalte zu vermitteln?“
Veröffentlicht: 27.12.2011
Linda Hillerich
Weiterführende Links:
Cafe Dom@in im Netz