Würzburg (POW) Die theologische Bandbreite von „Heiligsein und Seligsprechen“ hat ein gemeinsamer Studientag von Katholischer Akademie Domschule und Katholisch-Theologischer Fakultät der Universität anlässlich der bevorstehenden Seligsprechung des Märtyrerpriesters Georg Häfner beleuchtet. Domdekan Monsignore Günter Putz, Diözesaner Postulator im Seligsprechungsverfahren für Häfner, benannte die geltenden Normen für ein Seligsprechungsverfahren und erläuterte diese, von der Antragstellung bis hin zur Feier der Seligsprechung am kommenden Sonntag. Er betonte, dass durch das Martyrium Häfners im Konzentrationslagers Dachau sich das ansonsten obligatorisch geforderte Wunder als Voraussetzung für das Ereignis der Seligsprechung erübrige.
Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele arbeitete die Bedeutung von Pfarrer Georg Häfner heraus und pointierte sie im Satz: „Einer aus unserer Mitte". Diese Aussage bezieht sich nach seinen Worten auf die Stadt Würzburg, auf die Priester und auf die Gemeinde. Bischof Scheele bezeichnete die tiefe Verwurzelung Häfners im Gebet als kennzeichnend für dessen Person und Leben. Der Liturgiewissenschaftler Professor Dr. Martin Stuflesser machte liturgietheologische Anmerkungen zur Heiligenverehrung und arbeitete die historische Entwicklung der Heiligenverehrung heraus.
Der Kirchenhistoriker Professor Dr. Wolfgang Weiß erschloss bei einem Gang durch das Areal von Dom und Neumünster, beginnend in der Kiliansgruft des Neumünsters, die Schar der Seligen und Heiligen, die in der Diözese verehrt werden und in diesem Areal anschaulich werden. Er unterstrich, dass es heute eine doch erhebliche Anzahl von mittelalterlichen Heiligen und Seligen in der Diözese gebe, die im Mittelalter selbst nicht diözesanweit verehrt wurden. Außerdem erläuterte er, dass die römische Kanonisation im Mittelalter eine ausgesprochene Rarität war. „Die überwiegende Zahl der Anträge wurde abgelehnt oder nicht verfolgt; offensichtlich gab es Reserve der Kurie gegenüber plötzlich aufflammenden Lokalkulten.“ Schon im 13. Jahrhundert habe man daher begonnen, das Problem dadurch zu lösen, indem man zwischen „Heiligen“ und „Seligen“ zu unterscheiden begann: Erstere waren die offiziell Heiliggesprochenen, letztere alle sonstigen Fürsprecher, die man im Himmel wusste und nun „Selige“ nannte.
Der inhaltliche Teil des Studientags endete mit einem Doppelvortrag von Dr. Thomas Mark Nemeth, der die Stellung der Heiligen und der Heiligenverehrung in der Orthodoxie beleuchtete, und von Oberkirchenrat Michael Martin aus München, Mitglied des Landeskirchenrats der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern und im dortigen Landeskirchenamt zuständig für „Kirchliches Leben und Ökumene“. Martin ging der Frage „Evangelische Heilige?“ nach und erörterte die Reichweite einer Verehrung von Heiligen unter evangelischen Bedingungen. Eine ökumenische Gesprächsrunde schloss sich an. Abgeschlossen wurde der Studientag mit einer Vesper mit Weihbischof Ulrich Boom in der Kiliansgruft des Neumünsters, die ein Chor unter der Leitung von Diözesanmusikdirektor Gregor Frede musikalisch gestaltete.