Würzburg (POW) Als „die Chance der ökumenischen Bewegung“ hat Dr. Matthias Türk die so genannte Communio-Ekklesiologie, die Lehre von der Kirche als Glaubensgemeinschaft bezeichnet. Communio-Theologie erweise sich heute als der Bezugspunkt, in dem alle Dialoge zusammenliefen, welche die katholische Kirche mit den verschiedenen christlichen Kirchen führe, sagte der Ökumeneexperte am Samstag, 9. Februar, im Toscanasaal der Würzburger Residenz.
Türk stammt aus der Diözese Würzburg und ist seit 1999 Mitarbeiter im Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen und für die Beziehungen zum Lutherischen Weltbund und der Altkatholischen Kirche zuständig. Sein Vortrag zum Thema: „Communio – Glaubensgemeinschaft. Was ist mit der Ökumene los?“ bildete den Abschluss eines Ökumenisch-Ekklesiologischen Studientags. Unter dem Motto „Die communiale Aufgabe und die synodale Einbindung der Bischöfe und Erstbischöfe“ hatte das Ostkirchliche Institut der Bayerisch-Deutschen Augustinerprovinz an der Universität Würzburg zu einer Vortragsreihe eingeladen.
Bischof Dr. Paul-Werner Scheele, Vorsitzender der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz, hob die Bedeutung solcher theologischer Forschung für den ökumenischen Dialog hervor. Er rief die Anwesenden dazu auf, alles zu tun, dass die Gabe der Einheit sich in der Kirche auswirke.
Der Begriff der Communio, der Glaubensgemeinschaft könne als „ekklesiologische Leitidee“ dienen, sagte Türk. Es handele sich dabei um ein „Urwort des Glaubens“, das in der Gemeinschaft des dreifaltigen Gottes seinen Grund und sein Ziel finde. Communio-Ekklesiologie spiegele die Sicht des Zweiten Vatikanischen Konzils auf die Kirche wider. Sie ermögliche das schrittweise Weitergehen auf ökumenische Einheit hin und sei so ein „Signal des Aufbruchs zur Volleinheit der Kirche“. Communio weise auf das Wesen der Kirche, nicht auf ihre Struktur. Es gehe nicht um die Nivellierung aller Unterschiede, sondern um eine „Einheit in versöhnter Verschiedenheit“. Pluralität, nicht Pluralismus sei gefordert.
Auf dem Weg zu einer kirchlichen Einheit sei es nötig, weniger die Unterschiede als die Gemeinsamkeiten in den Blick zu nehmen, sagte Türk. Es bestehe inzwischen eine fast unüberschaubare Zahl von Konsensdokumenten zwischen den verschiedenen christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften und auf unterschiedlichen Leitungsebenen. Eines der Hauptprobleme der Ökumene sei derzeit die Rezeption dieser Dokumente durch die Kirchenleitungen. Gespräche auf allen Ebenen und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit seien notwendig, um den Gemeinschaft bildenden Prozess zu fördern. Türk forderte eine Umsetzung des bereits Erreichten. So bestehe etwa ein Konsens zwischen der katholischen und der evangelisch-lutherischen Kirche über die gegenseitige Anerkennung der Taufe. In der Praxis aber werde dieser Konsens vielfach nicht gelebt.
Türk hielt mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil daran fest, dass die eine Kirche Christi bereits in der katholischen Kirche verwirklicht sei. Viele Elemente aber fänden sich zugleich auch in den anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften. Unter dem Vorzeichen der Communio gelte es, die unvollkommene zur vollkommenen Gemeinschaft zu führen, ohne dass der Communio-Gedanke von dieser oder jener Seite als „Kampfbegriff“ verwendet werden dürfe. Vielmehr seien bestehende Unterschiede positiv zu werten und müssten nicht notwendig kirchentrennend sein.
In der Zukunft gelte es, das bereits Erreichte mit Leben zu füllen. Trotz der fehlenden eucharistischen Gemeinschaft sei die gemeinsame gottesdienstliche Feier und das gemeinsame Handeln von entscheidender Bedeutung. Auf der Ebene der Institutionen gelte es, Strukturen für den erreichten Zwischenzustand zu erarbeiten. Nachdem in der Frage der Rechtfertigungslehre ein Konsens erreicht sei, sei der nächste Schritt im ökumenischen Dialog die Frage nach dem Kirchenverständnis. Hier habe aber jeder auch noch „viel im eigenen Haus zu tun“. Als „Crux“ des ökumenischen Dialogs bezeichnete Türk das Verständnis des Papst- und Bischofsamtes. Hier gebe es noch viele Schwierigkeiten.
Am Freitag und Samstag war zuvor in Referaten von Professor Dr. Harding Meyer (Straßburg), Erzbischof Jeremiasz (Breslau/Wroclaw), Professor Dr. Wolfgang Thönissen (Paderborn) und Monsignore Dr. Iwan Dacko (Weyarn) das Thema des Studientages aus Sicht orthodoxer und katholischer Theologien erörtert worden.
Ein positives Fazit des Studientages zog Professor Dr. Jakob Speigl, wissenschaftlicher Direktor des Ostkirchlichen Instituts. Es sei deutlich geworden, dass der Communio-Begriff ein Weiterkommen „in den Fragen ermögliche, die uns bewegen“. Das Ostkirchliche Institut habe viel Zustimmung darin erfahren, ein Thema zur Sprache gebracht zu haben, das sonst häufig eher im Hintergrund stehe.
(0702/0195; Telefax voraus)
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