Oberschwarzach (POW) Minutenlanger Applaus, Begeisterung pur und zugleich große Nachdenklichkeit: Auf eine bestens gelungene Uraufführung des szenischen Oratoriums „Häfner – Eine Entscheidung“ dürfen die rund 140 Beteiligten des Münsterschwarzacher Egbert-Gymnasiums blicken. Vor rund 400 Zuschauern feierte das Werk am Samstagabend, 12. März, in der Pfarrkirche Oberschwarzach, Georg Häfners letztem Wirkungsort, Premiere. Bischof Dr. Friedhelm Hofmann und Abt Michael Reepen von der Benediktinerabtei Münsterschwarzach fassten die Stimmung am Ende der Aufführung einhellig zusammen: „Wir sind tief beeindruckt!“ Nahezu sprachlos angesichts der Leistung der Schüler zeigte sich der eigens aus dem Münsterland angereiste 97-jährige Zeitzeuge Prälat Hermann Scheipers, der wie Häfner in Dachau inhaftiert war.
Die Aufführung dieser zeitgenössischen Passion darf als Meilenstein auf dem Weg zur Seligsprechung von Pfarrer Georg Häfner (1900-1942) am 15. Mai in Würzburg gewertet werden. „Für mich ist das Oratorium ein Werk des 21. Jahrhunderts“, sagte Bischof Hofmann. Es zeige, was eine Gewissensentscheidung letztlich bedeuten könne. Den Schülerinnen und Schülern sowie den verantwortlichen Lehrkräften zollte Bischof Hofmann höchstes Lob und ein „ganz, ganz großes Danke“ für das Engagement. Tief beeindruckt sei er vor allem, wie Chor, Solisten und Orchester zusammengewirkt hätten. Die Auseinandersetzung mit den Texten Häfners gehe nicht spurlos an den Jugendlichen vorüber: „Was das in den Schülern wohl auslöst?“, fragte ein nachdenklicher und zugleich von der Leistung des Gymnasiums seiner Abtei begeisterter Abt Reepen.
Überaus angetan von der Szenerie der Aufführung war Oberschwarzachs heutiger Pfarrer Stefan Mai. Zwischen den Figuren des leidenden heiligen Sebastian und der elterliche Liebe ausstrahlenden Muttergottes sowie dem über dem Hochaltar schwebenden Christus zeige die Aufführung im Altarraum der Pfarrkirche Oberschwarzach, in welchem Glaubenszeugnis Häfner lebte und wie im Konzentrationslager jede Menschlichkeit mit Füßen getreten wurde. „Und dann sitze ich noch neben dem Zeitzeugen Prälat Scheipers, der Ähnliches erlebt hat“, sagte Mai ergriffen. Er verlasse die Aufführung mit der Frage: „Welches Zeugnis haben wir in heutiger Zeit zu geben? Diese Frage klingt in mir nach.“
Schulleiter Oberstudiendirektor Robert Scheller vom Egbert-Gymnasium war besonders angetan von der Leistung seiner Schüler und Lehrer, die mit dieser Aufführung für ein modernes Gymnasium mit Qualität stünden. Und der diözesane Bläserreferent Karl-Heinz Sauer würdigte begeistert die „Riesenleistung“ des Gymnasiums. „Die Summe aller Eindrücke macht mich ergriffen.“ Die Musik des Oratoriums biete das ganze Spektrum von der Klassik bis zur Moderne.
Die Idee für dieses Oratorium entstand bei einem Gespräch von Schulleitung und Lehrkräften des Münsterschwarzacher Gymnasiums mit Schulreferent Monsignore Günter Putz, der gleichzeitig Postulator im Seligsprechungsverfahren für Georg Häfner ist. Markus Binzenhöfer komponierte das Oratorium, Peter Olschina schrieb die Texte. Zusammen mit Michael Aust erarbeiteten die Lehrer die Konzeption für dieses Werk und leiteten das Projekt. Eine Gruppe von rund 140 Schülern und Lehrkräften schloss sich für das „Projekt Oratorium“ zusammen. Davon singen knapp 70 Kinder und Jugendliche im Chor mit, 13 engagieren sich als Sprecher und Schauspieler, die weiteren sind im Orchester oder als Bühnenhelfer aktiv. Mechthild Binzenhöfer hat die musikalische Leitung inne.
Zum Inhalt des Oratoriums: Pfarrer Häfner wird zusammen mit anderen Priestern in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert und muss dabei erste entwürdigende Schikanen über sich ergehen lassen. In der Kapelle in Dachau erfährt er, dass es den Priestern dort gestattet ist, Gottesdienst zu feiern: ein Rettungsanker. Häfner trifft auf Blockführer Reinhard, der von ihm verlangt, dass er ihm kurz vor seinem nahen Tod die Sterbesakramente spenden soll. Reinhard verspricht ihm dafür, dass er dann das Lager unversehrt verlassen dürfe. In einer Rückblende erlebt der Zuschauer Häfners Verhör im Gestapo-Gefängnis zu Würzburg; bei dieser Gelegenheit erfährt man auch, warum er in „Schutzhaft“ genommen wurde. Eine Traumsequenz zeigt dann Häfner im Gespräch mit der Witwe des NSDAP-Mannes, dem er die Sterbesakramente gespendet hat; so wird dem Zuschauer nochmals verdeutlicht, welche besondere Bedeutung Häfner der Ausübung seines Priesteramtes für die Menschen beimisst. Weitere Schikanen folgen und Reinhard untermauert die Ernsthaftigkeit seines Anliegens. Ein Tagtraum, der den Zuschauer Häfners Briefe und damit seine besondere Bindung an seine Pfarrei nahebringt, weist auf den Zwiespalt hin, in dem sich Häfner befindet: Auf der einen Seite die Chance in Freiheit wieder Dienst in seiner Gemeinde tun zu können, die aber verbunden ist mit der besonderen Herausforderung einem wenig reuigen Sünder die Absolution zu erteilen, auf der anderen Seite das menschenunwürdige Leben und wahrscheinliche Sterben im Lager Dachau. Weitere Folterqualen und die immer dringlicher werdende Nachfrage Reinhards verschärfen Häfners Situation, dessen Glaubensbekenntnis sich in einer fast alptraumhaften Konfrontation mit weiteren im Konzentrationslager verstorbenen Geistlichen Bahn bricht. Das Werk endet damit, dass Reinhard den toten Häfner findet; dieser hält einen Brief in den Händen, über dessen Inhalt der Zuschauer aber nichts erfährt.
Das szenische Oratorium „Häfner – eine Entscheidung“ kommt in der Seminarkirche Sankt Michael in Würzburg am Samstag, 19. März, um 19 Uhr sowie am Sonntag, 20. März, um 16 Uhr erneut zur Aufführung.