Würzburg (POW) „Christus muss das Subjekt unserer Erfahrung werden“, hat der indische Jesuitenpater Dr. Sebastian Painadath am Sonntagabend, 2. Februar, im Sankt-Burkardus-Haus in Würzburg gefordert. Dann könnten die Christen zu einer tiefen Erfahrung der Einheit mit Gott gelangen, zu einer „Verwandlung ins Göttliche“. Painadath kommt seit 25 Jahren im Auftrag von Missio München zu Vorträgen, Exerzitien und Meditationskursen nach Deutschland. In Würzburg sprach er auf Einladung der Referate für Weltanschauungsfragen, Geistliches Leben/Exerzitien und Mission-Entwicklung-Frieden des Bistums Würzburg über das Thema „In der Tiefe ist Wahrheit – Christuserfahrung in der Begegnung mit den östlichen Religionen“.
Painadath zeigte auf, dass jede rationale Gottesvorstellung fragmentarisch bleibe und keine Religion für sich in Anspruch nehmen könne, endgültige Aussagen über Gott zu machen. Kein Dogma könne das unfassbare Geheimnis Gottes ausschöpfend darstellen. Demgegenüber gehe die Mystik aller Religionen über Normen und Formen hinaus. Sie respektiere deren Vielfalt, nehme jedoch zugleich die tiefe Einheit der Spiritualität wahr.
Ein intensives Gespür für Mystik bescheinigte Painadath den östlichen Religionen wie Taoismus, Konfuzianismus, Hinduismus und Buddhismus. Ihnen sei eine tiefe Erfahrung der Einheit gemeinsam: „Alles ist Gott.“ Der asiatische Mensch verstehe sich als Teil eines werdenden Ganzen. Bewusstseinsveränderung sei der Weg, sich selbst zu erkennen. Eine solche Veränderung finde in der Forderung nach einem einfachen Lebensstil, in Askese, Meditation und gelebter Barmherzigkeit ihren Ausdruck. Mystik sei in diesem Sinne keine nach innen gekehrte Lebenshaltung, sondern den Menschen zugewandt.
Diese Ansätze asiatischer Religiosität sollten für eine Vertiefung der Christuserfahrung fruchtbar gemacht werden, sagte der Jesuitenpater. Glaubwürdigkeit sei gegenwärtig eine der größten Herausforderungen des Christentums. Gerade hier bestehe latente Kritik von Seiten der asiatischen Religionen. Es müsse zu einer Rückbesinnung, weg vom patriarchalisch-herrscherlichen Bild eines allmächtigen Gottes hin zu dem gekreuzigten Christus, dem „entmächtigten Gott“, kommen. Christus dürfe nicht mehr nur Objekt der Verehrung, er müsse vielmehr Subjekt unserer Erfahrung werden und könne so unser Leben verwandeln.
Painadath plädierte für eine neue „Kultur des Dialogs“. Die Erfahrungen der östlichen Religionen, die von einem tiefen Einheitsanliegen geprägt seien, könnten neue Begegnungen auch im vielfach von Vorurteilen blockierten Dialog des Christentums mit dem Judentum und dem Islam ermöglichen. Es gehe darum, Gott nicht länger männlich-patriarchal zu beschreiben, sondern als „das allem innewohnende Göttliche“ zu erfahren. Diese Sicht ermögliche eine von Barmherzigkeit und Liebe geprägte Welt. Eine solche Theologie bedeute keine Negation eines personalen Gottes, betonte Painadath. Personsein werde auf der Ebene mystischer Erfahrung nicht aufgelöst, sondern verwandelt.
Im Rahmen der Veranstaltung stellte Winfried Nonhoff vom Kösel-Verlag das im Februar erscheinende Buch „Der Geist reißt Mauern nieder. Die Erneuerung unseres Glaubens durch interreligiösen Dialog“ von Dr. Sebastian Painadath der Öffentlichkeit vor. Der Autor dankte Elmar Rettelbach (Würzburg) und Werner Schneider (München) sowie Winfried Nonhoff vom Kösel-Verlag für die intensive Zusammenarbeit, die das Erscheinen des Buches erst ermöglicht habe. Dass diese Buchvorstellung nun in Würzburg stattfinde, könne auch als Antwort auf die aktuelle Diskussion um Pater Willigis Jäger verstanden werden, sagte Nohoff.
(0602/0153, Telefax voraus)
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