Schweinfurt (POW) Mit dem Umbau der 1952 erbauten Kirche Sankt Anton in Schweinfurt hat die katholische Kirche in der Diözese Würzburg neue Wege beschritten. Die renovierungsbedürftige Kirche mit ehemaligem Klostergelände wurde von 2018 bis 2022 zum Zentrum „casa Vielfalt“ umgebaut, in dem katholischer Glaube und caritative Unterstützung Hand in Hand gehen. Am Dienstag, 15. Oktober, wurden die Plaketten von drei Architekturpreisen enthüllt, mit denen der Umbau ausgezeichnet wurde.
Vor den noch verdeckten Preisplaketten begrüßte Ottmar Prell, Kirchenpfleger der Kirchenstiftung Sankt Anton, die Gäste im Foyer des kirchlich-caritativen Zentrums. Das große Projekt „casa Vielfalt“ sei nur durch beharrliche Kooperation aller Beteiligten möglich geworden, betonte Prell. Vor allem die Verleihung des Bayerischen Denkmalpflegepreises in Bronze sei bemerkenswert: Während das denkmalgeschützte Ensemble von Sankt Anton erst vor gut 70 Jahren erbaut wurde, blickten andere Preisträger auf eine fast 1000-jährige Geschichte. Prell wertete das als Beleg für die Innovation und Durchdachtheit des Umbaus.
Architekt Christian Brückner bezeichnete den Umbau als „Leuchtturmprojekt“ des Bischöflichen Ordinariats, der Katholischen Kirchenstiftung Sankt Anton und des Caritasverbands für die Stadt und den Landkreis Schweinfurt. Er betonte die „Strahlkraft“ des neu geschaffenen Zentrums über die Grenzen der Stadt hinaus. „Menschen und Nutzung geben dem Gebäude den Sinn und stehen im Mittelpunkt“, sagte Brückner. Dankbar sei er für das außergewöhnlich gute Zusammenwirken bei dem Bauprojekt. So sei es gelungen ein „bauliches Kulturgut der Stadt Schweinfurt für die Zukunft der nachfolgenden Generationen zu erhalten“. Das freue ihn als Architekten sehr.
Im Anschluss enthüllte Prell mit Diakon Joachim Werb, Gemeindeleiter von Sankt Anton, die Preisplaketten, unterstützt von Architekt Brückner, Ingenieur Bernd Mittnacht sowie Bernd Wolfrum, Leiter des Referats Liegenschaften des Bischöflichen Ordinariats Würzburg. Sie zieren nun das Foyer des Zentrums. Mit dem Bayerischen Denkmalpflegepreis, den der Umbau von Sankt Anton für 2024 in Bronze erhielt, würdigt die Bayerische Ingenieurekammer-Bau gemeinsam mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege Bauherren, die sich vorbildlich für den Erhalt denkmalgeschützter Bauwerke eingesetzt haben. Den Otto-Borst-Preis 2024 für Stadterneuerung der Arbeitsgemeinschaft Forum Stadt erhalten herausragende Sanierungen in Altstadtensembles, die behutsam die historisch prägende Stadtsubstanz weiterentwickeln und dem Stadtcharakter und den Nutzern gerecht werden. Der „best architects award“ 2024, den das Schweinfurter Projekt im Bereich „Sonstige Bauten“ erhielt, zählt zu den renommiertesten Architekturauszeichnungen und gilt als Gütesiegel für herausragende architektonische Leistung.
Was man beim Umbau wortwörtlich stemmte, berichtete der zuständige Ingenieur und Statiker Mittnacht. Herausfordernd sei es gewesen, das 27 Tonnen schwere Glasfenster der Frontfassade in einem Stück zu verschieben. Dass sich der Aufwand gelohnt hat, belegen die neuen Preisplaketten im Foyer.
Im Antoniussaal wurde die Wertschätzung der Stadt deutlich. Für Schweinfurts Zweite Bürgermeisterin Sorya Lippert ist das „casa Vielfalt“ ein Ort der Begegnung mit großer Relevanz für die Region. „Die Gesellschaft driftet auseinander, ist diverser geworden. Werte müssen herauskristallisiert werden, denn das menschliche, friedliche Zusammenleben lebt davon“, sagte sie. Das sei eine Aufgabe, „die Kirche heute leisten muss und die hier vorbildlich umgesetzt wird“.
Marion Hammer, Koordinationsleiterin am „casa Vielfalt“, erläuterte das inhaltliche Konzept. Die einrichtungsübergreifende Zusammenarbeit ermögliche es, Menschen aus unterschiedlichen Lebenswelten in Kontakt zu bringen. Die bauliche Offenheit des „casa Vielfalt“ mit seinen fließenden Übergängen sei hervorragend geeignet „die Schubladen in den Köpfen zu öffnen“ – und Menschen die Hilfe zu bieten, die sie benötigten. Hammer nahm Bezug auf das im Juli 2024 für das Bistum veröffentlichte Strategiepapier „Zukunft gestalten“. Beim Durchlesen habe sie abgehakt: Inklusion, Sozialraumorientierung, Interreligiöser Dialog und mehr. „Was die Diözese für die Zukunft ihrer Kirche möchte, wird heute schon im Zentrum ,casa Vielfalt‘ mit Leben gefüllt“, sagte Hammer. Die preiswürdige Architektur bilde dafür die Grundlage.
Stichwort: „casa Vielfalt“
Im Schweinfurter „casa Vielfalt“ kooperieren die Kirchenstiftung Sankt Anton (inklusive Kindertagesstätte Sankt Anton), der Caritasverband für die Stadt und den Landkreis Schweinfurt, die Caritas Schulen gGmbH (mit Frühförderstelle und Julius-Kardinal-Döpfner-Schule) sowie der Malteser Hospizdienst. Eine zentrale Einrichtung ist das Café Charisma. Zudem sind die HIV/Aids-Beratung Unterfranken, mehrere Selbsthilfegruppen und die griechisch-orthodoxe Gemeinde vor Ort beteiligt. Außerdem gibt es Mietwohnungen. Die Verantwortlichen wollen Vielfalt gestalten, das christliche Menschenbild erfahrbar machen, Begegnung von Menschen aus unterschiedlichen Lebenswelten ermöglichen sowie Vorurteile, Diskriminierung und Ausgrenzung abbauen.
Marion Hammer (Caritasverband für die Stadt und den Landkreis Schweinfurt)
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